Was die Ernährungswirtschaft zur Nachhaltigkeitsvorreiterin macht – und was nicht

Wenn wir einkaufen gehen, spielt bei vielen nicht nur der Geschmack oder das Aussehen der Produkte eine große

Wenn wir einkaufen gehen, spielt bei vielen nicht nur der Geschmack oder das Aussehen der Produkte eine große Rolle. Wir wollen wissen: Wo kommt es her? Was ist drin? Unter welchen Bedingungen wird es hergestellt? Grund genug, dass sich produzierende Unternehmen hierzu klar positionieren. Doch wie gelingt Ihnen das?

 

Nachhaltigkeit hat in der Ernährungswirtschaft eine längere Tradition. Als verbrauchersensible Branche waren Themen wie Qualität, Gesundheit und Produktionsweise immer wichtig. Jedoch sehen sich produzierende Unternehmen und der Handel zunehmend mit weiteren Aspekten wie CO2-Fußabdruck, Verpackung und Einhaltung der Menschenrechte konfrontiert.

Wie gehen die Unternehmen der Ernährungswirtschaft mit solchen Themen strategisch um und wie kommunizieren Sie diese ihren diversen Anspruchsgruppen?

Im Laufe des Jahres 2020 haben wir uns die Branche in verschiedenen Analysen genauer angesehen. Dabei haben wir ca. 100 Unternehmen in puncto Nachhaltigkeitskommunikation untersucht: Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE) haben wir alle 51 Mitgliedsunternehmen analysiert. Diesen haben wir weiteren 45 Unternehmen aus der Region Weser-Ems gegenübergestellt. 23 dieser 45 Unternehmen waren auch in unserer Studie „Auf Worte folgen Taten?“ vertreten. Die Ergebnisse hiervon haben wir in unserer Branchenperspektive zusammengefasst. Folgendes lässt sich hieraus ableiten:

 

1. Die Ernährungswirtschaft schneidet im Branchenvergleich überdurchschnittlich ab.

In allen Analysen haben über drei Viertel der untersuchten Branchenunternehmen Nachhaltigkeit auf verschiedenen Wegen kommuniziert. Unter den BVE-Mitgliedern sind es sogar 90 Prozent. Gemeint ist damit die allgemeine Kommunikation auf der Unternehmenswebseite über mindestens eines der vier Themenbereiche: Markt, Umwelt, Mitarbeitende und Gesellschaft. Dies mag sich auf den ersten Blick niedrigschwellig anhören, doch reicht der Branchenvergleich, um die Ernährungswirtschaft als Vorreiterin herausstellen zu können (s. auch unsere Studie, S. 9 und 15).

 

2. Die Nachhaltigkeitsleistungen hinter Zertifikaten brauchen mehr Transparenz.

Die Unternehmen der Ernährungswirtschaft nutzen Kommunikationsmittel wie Zertifizierungen, Kodizes und Nachhaltigkeitsberichte in unterschiedlicher Weise. Beliebt sind vor allem (branchenspezifische) Zertifizierungen: Rund drei Viertel der Unternehmen weisen mindestens eine solche Zertifizierung mit Nachhaltigkeitsbezug auf (s. Abbildung). Allerdings sind Zertifizierungen für externe Anspruchsgruppen wie Kund*innen und breite Öffentlichkeit nur bedingt aussagekräftig, da die Inhalte nicht öffentlich zugänglich sind. Dabei fällt auf, dass relativ wenige Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte nutzen: In unserer Stichprobe Weser-Ems und der Studie „Auf Worte folgen Taten?“ war es im Schnitt nur jedes siebte Unternehmen – unter den BVE-Mitgliedern ist es immerhin jedes Dritte. Eine transparentere Kommunikation der Nachhaltigkeitsleistungen nach außen könnte hilfreich sein.

 3. Auch in der Ernährungswirtschaft bleibt bei einigen Themen noch Luft nach oben.

In unseren Analysen haben wir beobachtet: Die Unternehmen der Branchen kommunizieren grundsätzlich über alle vier Themenbereiche hinweg – und dies im Branchenvergleich sogar überdurchschnittlich. Die Relation spiegelt auch hier den allgemeinen Trend wider: Am häufigsten vertreten ist Umwelt, dann Gesellschaft, dann Mitarbeitende, dann Markt. Stetig relevanter werdende Themen wie Menschenrechte, CO2-Emissionen und SDGs (Globale Nachhaltigkeitsziele) werden hingegen nur von wenigen Unternehmen explizit aufgegriffen. Um der voranschreitenden gesellschaftspolitischen Entwicklungen gerecht zu werden, sollten Unternehmen die o.g. Themen in ihrer Kommunikation aufgreifen.

Unter dem Strich: Es geht um die Balance

Viele Branchenunternehmen sind bereits auf dem richtigen Weg. Dies betrifft insbesondere größere Unternehmen. Dennoch hapert es an einigen Stellen noch an der transparenten Kommunikation der vorhandenen Nachhaltigkeitsleistungen nach außen. Zum einen geht hierdurch Potenzial verloren, denn die meisten Unternehmen machen mehr, als sie nach außen kommunizieren. Zum anderen erweckt dies bei kritischen externen Anspruchsgruppen den Eindruck, dass sich die Unternehmen wenig bis kaum mit den Themen auseinandersetzen und wirft ein möglicherweise ungerechtfertigt schlechtes Licht auf einzelne Unternehmen bzw. auf die Branche insgesamt. Nicht zuletzt – vielleicht sogar am wichtigsten – sind viele Nachhaltigkeitsthemen wie CO2-Emissionen und Einhaltung von Menschenrechten entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit und gar die Existenz von Unternehmen. Es ist daher sinnvoll, sich bereits jetzt intensiver strategisch mit diesen Themen auseinanderzusetzen und dies nach außen stärker zu kommunizieren – aber nur soweit es den tatsächlichen Leistungen entspricht. Es geht also wie so oft um die gesunde Balance!