Aus unseren Projekten und dem Austausch mit vielen Unternehmensvertreter:innen konnten wir mittlerweile viele Einblicke bekommen, wie eine Wesentlichkeitsanalyse in der unternehmerischen Praxis angegangen wird. In den letzten drei Wochen haben wir zu diesem Thema wieder drei Events moderiert und konnten feststellen, wie sich immer die gleichen Herausforderungen in unterschiedlichen Unternehmen wiederholen.
Eine kurze Zusammenfassung unserer Eindrücke und Erkenntnisse:
Herausforderung 1: Bewusstsein bei der Unternehmensleitung schaffen
In vielen Unternehmen herrscht fehlendes Bewusstsein für Wichtigkeit, Komplexität und Auswirkungen der Wesentlichkeitsanalyse. Deshalb werden die dafür notwendigen Ressourcen oft in Frage gestellt bzw. unterschätzt. Nachhaltigkeitsmanager*innen (die oft neu im Unternehmen starten) werden mit den offenen Fragen die sich bei und aus der Wesentlichkeitsanalyse ergeben, oft allein gelassen – neben den vielen komplexen Aufgaben, die sie eh bereits auf ihrem Schreibtisch haben. So rückt die Berichtspflicht nur noch schneller an unvorbereitete Unternehmen heran.
Bei vielen Unternehmen kristallisiert sich dabei im Laufe des Prozesses eine Lücke zwischen der Motivation aller Beteiligten, endlich zu starten, und der tatsächlichen Bereitschaft, sobald sich herausstellt, wie viel Arbeit beim Start tatsächlich anfällt. Zudem beschreiben es Unternehmen immer wieder als herausfordernd, alle Abteilungen für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren und hierbei eine geeignete und einheitliche Herangehensweise zu finden.
Herausforderung 2: Stakeholder-Dialog führen
Viele weitere Fragen drehen sich wiederum um den Stakeholder-Dialog, der in den Berichtsstandards gefordert wird: Wie genau sollte ein Stakeholder-Dialog gestaltet werden und welche konkreten Vorgaben sollte dieser befolgen? Wie und wann binde ich meine Stakeholder am besten ein? Wie identifiziere ich meine wesentlichen Stakeholder überhaupt? Sind diese Fragen soweit geklärt eröffnen sich sogleich weitere bzgl. der praktischen Durchführung und der späteren Analyse und Priorisierung der Ergebnisse.
Anhand der Fülle an Fragen lassen sich hier manchmal die größten Unsicherheiten bei den Unternehmen erkennen. Dabei sollte der Stakeholder-Dialog vielmehr als ein wichtiger (Lern-)Prozess betrachtet werden, bei dem es einen Schritt nach dem nächsten zu bewältigen gilt.
Und wichtige Erkenntnisse (statt unangenehme Tatsachen) für die Unternehmen an die Oberfläche geholt werden, die sonst verborgen geblieben wären.
Herausforderung 3: Die richtigen Themen setzen
Welche Themen sind für das Unternehmen wesentlich und wie können diese aus der Fülle an Themen erkannt werden? Bei dieser zentralen Frage stehen große und kleine Unternehmen vor jeweils ganz anderen Herausforderungen:
Für große – und international tätige Unternehmen – ist die Identifikation wesentlicher Themenschwerpunkte nicht ganz einfach. Hier gilt es die richtige Flughöhe zu bestimmen, damit die Themen sowohl für die Zentrale als auch für die (ausländischen) Standorte gleichermaßen relevant sind. Letzteres gilt umso stärker. Dabei ist die methodische Vorgehensweise vielmehr das Problem und weniger der Aufwand, den die praktische Umsetzung mit sich bringt. Eine Standardisierung, z.B. durch CSRD/ESRS, wird hier als Lösung betrachtet.
Für kleine Unternehmen ist es genau anders herum. Die Herausforderung besteht eher darin, dass sie den hohen Anforderungen der Standardisierung nicht gerecht werden können. Hier fehlen die Ressourcen – sowohl zeitlich als auch personell – und oftmals die Fachexpertise. Hier ist die Lücke zwischen theoretischem Wissen und der praktischen Umsetzung deutlich größer.
Drei Dinge, die unserer Meinung dabei angegangen werden sollten:
1. Loslegen
Auch wenn kommende Anforderungen den Aufwand solcher Analysen zunächst erhöhen, lohnt es sich dauerhaft einfach loszulegen. Es gilt dabei frühestmöglich Expertise zu sammeln, Teams und Governance aufzubauen und die Zeit zu nutzen, um zu lernen. Stichwort ist hier: „Pilotbericht“: Denn erst wenn ich einen Bericht geschrieben habe, weiß ich, was mir noch fehlt und was es zu verbessern gilt.
2. Die Wesentlichkeitsanalyse als Chance nutzen
Wer es ernst meint mit der nachhaltigen Entwicklung, führt eine Wesentlichkeitsanalyse nicht nur zwecks Berichterstattung durch, sondern nutzt diese, um seine Strategie weiterzuentwickeln, Chancen und Risiken entlang der Wertschöpfungskette aufzudecken und sein Geschäftsmodell zu transformieren.
3. Den unternehmensgerechten Umsetzungsplan erstellen
Zum aktuellen Zeitpunkt müssen viele Themen parallel betrachtet werden. Eine Roadmap für die Zeit bis hin zur Berichterstattung ist enorm wichtig, um den Überblick zu behalten: Die Wesentlichkeitsanalyse ist dabei der erste Meilenstein, insbesondere für Unternehmen, die gerade erst in Strategie und Berichterstattung einsteigen. Was muss ich wann tun? Wer soll dabei sein? Wo brauche ich welche Expertise?
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